Mit der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Jahr 2010 gelang ein wichtiger politischer Schritt, denn mit der sogenannten 15-a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wurden bundesweit einheitliche Eckpunkte und Mindeststandards für die Ausgestaltung des untersten sozialen Netzes fixiert. Eine enorme Leistung, die zu mehr Sicherheit für armutsbetroffene Menschen führte. Dieser Vertrag zwischen Bund und Ländern läuft mit Jahresende aus, eine neue Vereinbarung scheiterte an unterschiedlichen Interessen der Bundesländer. weiterlesen
„Die derzeitigen Verhandlungen sind föderale Machtdemonstrationen auf dem Rücken der untersten Schicht der Gesellschaft. Mit Oberösterreich und Niederösterreich haben bereits zwei Bundesländer eine eigenständige Regelung beschlossen. Sollten weitere folgen, zerbröselt eine sozialpolitische Errungenschaft, das wäre ein riesiger Rückschritt, dabei sollten Politiker und Politikerinnen zukunftsorientierte Arbeit leisten“,
meint Josef Pürmayr, Geschäftsführer der Sozialplattform OÖ, einem Zusammenschluss von 40 sozialen Organisationen in OÖ.
„Es ist unverständlich, wie die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nun zerstückelt und die Bedingungen verschlechtert werden sollen. Sie würde damit das nicht mehr leisten können, wozu sie geschaffen wurde, nämlich Armut zu verhindern. Sozialminister Stöger und alle Beteiligten sind gefordert, menschenwürdige Vereinbarungen zu treffen“
fordert Pürmayr.
Ganz konkret meint er, dass die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte und damit eine Unterscheidung bei der Herkunft keinen Platz in einem modernen europäischen Sozialsystem haben. Auch gegen die oft ins Spiel gebrachte Deckelung von € 1.500,- wendet er sich entschieden, weil gerade Kinder davon betroffen sein würden. Und das obwohl es für Kinder ohnehin so schwierig sei, Armutshürden zu überwinden.
„Diese Vorschläge sind familienfeindlich und in erster Linie Avancen an den rechten Rand. Wir wissen alle, dass damit vor allem kinderreiche migrantische Familien getroffen werden sollen.“,
so Pürmayr.
Im Mittelpunkt der Mindestsicherung stand von Anfang an auch die Arbeitsmarktintegration, durch weniger Geld und mehr Schikanen schafft man allerdings weder Arbeitsplätze noch mehr Qualifikation. Bildung und Qualifikation sind Grundvoraussetzung für existenzsichernde Erwerbstätigkeit und in Hinblick auf die Situation von Geflüchteten die Basis für gelingende Integration.
Die besonders in sozialen Medien verbreiteten Geschichten von Mindestsicherungs-Beziehern und -Bezieherinnen, die im Geld schwimmen und sich auf Kosten der Allgemeinheit auf die faule Haut legen, halten einer genaueren Recherche nicht stand und haben vorrangig die Diffamierung von Armutsbetroffenen zum Zweck. 2015 entsprachen die Ausgaben für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung 0,79 Prozent des gesamten Sozialbudgets. Sie wird nicht für jene endzeit-artige Beschreibung eines Kollapses des Sozialsystems verantwortlich sein, der derzeit heraufbeschworen wird.